
Persönlichkeiten des Konklaves: Kardinal Jaime Spengler
Als einer der aussichtsreichsten Kandidaten Lateinamerikas auf das Papstamt gilt Kardinal Jaime Spengler aus Brasilien. Der 64-jährige Erzbischof von Porto Alegre in Brasilien gehört zu den erst im Dezember 2024 von Papst Franziskus kreierten Kardinälen. Dennoch ist der reformorientierte Franziskanergeistliche in seinem Heimatland und auch auf dem Kontinent bestens vernetzt, als Präsident des Lateinamerika-Bischofsrates CELAM weithin angesehen und wirkte schon seit 2014 auch an der römischen Kurie: zunächst als Mitglied der Ordenskongregation, dann des Dikasteriums für Gottesdienst und Sakramentenordnung.
Spengler wurde am 6. September 1960 als erstes von vier Kindern geboren - in Gaspar im Bundesstaat Santa Catarina, einer im Süden Brasiliens gelegenen Region, in der viele Familien deutscher Abstammung leben. Auch Spengler und der 2022 zum Kardinal ernannte Erzbischof von Manaus, Leonardo Steiner, gehören dazu. 21-jährig trat er 1982 ins Noviziat bei den Franziskanern ein, nach fünfjähriger Tätigkeit im Textilunternehmen Linhas Circulo. 1985 legte Spengler die Ordensgelübde ab, studierte dann in Petropolis Philosophie und Theologie sowie schließlich auch in Jerusalem, wo er sich am Theologischen Institut auf Bibelwissenschaften spezialisierte.
Am 17. November 1990 wurde er in seiner Heimatstadt zum Priester geweiht und unterrichtete einige Jahre im Noviziat der Franziskaner in Rodeio. Es folgte ein Promotionsstudium in Rom an der Päpstlichen Universität Antonianum in Philosophie, das er 2000 mit der Dissertation über "Die Ordnung als ontologischer Status der menschlichen Existenz bei Pascal" abschloss. Erneut in die Heimat zurückgekehrt, übernahm er dort verschiedene akademische und pastorale Aufgaben, unter anderem als Philosophieprofessor, Vizerektor des philosophischen Instituts Sao Boaventura in Campo Largo sowie als Pfarrvikar in der Diözese Curitiba.
Spenglers Aufstieg in der Kirchenhierarchie begann, als er Ende 2010 von Benedikt XVI. zum Weihbischof von Porto Alegre an der Seite des damaligen Erzbischofs Dadeus Grings ernannt wurde. Bereits drei Jahre später, im September 2013, war er mit 53 Jahren dessen Amtsnachfolger und zugleich Brasiliens jüngster Erzbischof im größten nationalen Episkopat der Welt mit fast 500 Bischöfen. 2019 wurde er Vizepräsident von Brasiliens Bischofskonferenz, im April 2023 deren Präsident für eine Amtszeit bis 2027. 2023 übernahm er zusätzlich den Vorsitz des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM.
In kirchenpolitischen Fragen gilt Spengler als ein diplomatischer Unterstützer jener Anliegen, die in der Amazonien-Synode zur Sprache kamen: So forderte er für den Priestermangel - der in seiner Erzdiözese mit nur 300 Priestern für zwei Millionen Katholiken besonders eklatant ist - innovative Lösungen und eine offene Debatte etwa auch über die Priesterweihe verheirateter Männer ("viri probati") und unterstrich die Bedeutung der Laien. Er sprach sich auch für die Einführung eines amazonischen Messritus aus und unterstützte das vatikanische Dokument "Fiducia supplicans" über die Segnung Homosexueller. Die Weltsynode über Synodalität bezeichnete er als Chance, die Hauptlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils weiterzuentwickeln.
Auch in sozialen Fragen finden sich bei Spengler viele Parallelen zu dem am Ostermontag verstorbenen Papst Franziskus: Der Erzbischof setzt sich offen für Belange der Bevölkerung ein, mit öffentlicher Kritik an Politik und Wirtschaft in einem Land, in dem "ein sehr kleiner Prozentsatz der Bevölkerung den Großteil des Reichtums in den Händen hält". In Interviews unterstrich er bereits öfters, dass für ihn der Titel "Diakon" und der damit verbundene Dienst am Nächsten wichtiger sei als die Kardinalswürde. Der Erzbischof von Porto Alegre spricht neben seiner Muttersprache Portugiesisch und Spanisch auch Italienisch fließend, sowie Deutsch, Französisch und Englisch in Grundzügen.
Quelle: kathpress