
Könige und Konklave: Papstwahl war oft Ort politischer Machtspiele
Als "Chefsache und hochdiplomatische Angelegenheit" bezeichnet der Wiener Kirchenhistoriker Rupert Klieber das am Mittwoch beginnende Konklave. Denn der Ort, an dem die 133 Kardinäle im Vatikan zum Konklave versammelt sind, ist zwar sakral - doch die Machtspiele dahinter schon über Jahrhunderte zutiefst weltlich. Vor allem die Habsburger hätten immer wieder versucht, die Wahl des Papstes in ihrem Sinne zu beeinflussen: "Es gibt eigentlich keine Papstwahl, bei der sie nicht mitgemischt hätten - allerdings in unterschiedlichem Maß", so Klieber in der jüngsten Ausgabe des Podcasts "Diesseits von Eden" zur Rolle des Adelsgeschlechts. Besonders das sogenannte Exklusive - ein Vetorecht, das Habsburg ab dem 18. Jahrhundert in Anspruch nahm - diente dazu, unliebsame Kandidaten zu verhindern.
Der Kirchenstaat und der Heilige Stuhl hätten "über Jahrhunderte eine herausragende Rolle im Konzert der europäischen Mächte" gespielt. Insofern sei jede Papstwahl "eine hochpolitische Angelegenheit, einen Nachfolger zu kreieren und auch Einfluss darauf zu nehmen", so der emeritierte Professor am Institut für Kirchengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.
Erfolgt sei die Einflussnahme auf mehreren Ebenen: durch Botschafter, gezielte Kardinalsernennungen, sowie sogenannte Kronkardinäle - Kirchenmänner, die im Konklave die Interessen einer bestimmten Macht vertraten. Monarchen wie Karl VI. nutzten zudem das Vetorecht, um aus ihrer Sicht ungeeignete Kandidaten zu verhindern. 1721 und 1723 legte Karl VI. jeweils ein Veto gegen Kardinal Paulucci ein, "der erschien ihm viel zu frankreichfreundlich". In dieser Phase seien sich Habsburg und die Bourbonen im Ringen um Europas Vorherrschaft gegenübergestanden - entsprechend brisant sei auch die Papstwahl gewesen, erklärte der Theologe.
Präventiv-Veto
Das Vetorecht sei als Machtinstrument immer wieder im Einsatz gewesen, so Klieber weiter. "Es war ein Präventiv-Veto gegen Kandidaten, von denen man befürchtete, dass sie den eigenen Interessen schaden würden - politisch motiviert, besonders in spannungsgeladenen Zeiten, etwa wenn Europas Mächte miteinander im Krieg lagen."
Auch die Frömmigkeit der Monarchen spielte eine Rolle, etwa bei der Auflösung der Jesuiten. Maria Theresia habe sich dem Verbot erst angeschlossen, "als auf kirchlicher Ebene die Entscheidung gegen die Jesuiten gefallen war".
Der letzte Versuch einer direkten Einflussnahme durch Habsburg erfolgte 1903. Damals legte Kardinal Jan Puzyna im Namen von Kaiser Franz Joseph I. ein Veto gegen den aussichtsreichen Kandidaten Mariano Rampolla ein. "Es war die letzte Inanspruchnahme eines anachronistischen Rechts - als Monarch Einfluss auf die Papstwahl nehmen zu wollen", sagte Klieber. Denn die Möglichkeit eines Vetos sei zuvor nie formell ausgeschlossen worden - "also nutzte man die Lücke". Freilich: "Ob es tatsächlich wahlentscheidend war, bleibt historisch umstritten. Aber 'Was-wäre-wenn'-Fragen sind in der Geschichtswissenschaft unzulässig", so Klieber.
Bereits der neu gewählte Papst Pius X. habe Vetos künftig unter Androhung schwerer kirchlicher Strafen untersagt. Mit dem Ende der Monarchie 1918 sei das Thema damit endgültig erledigt gewesen.
Pendenschläge der Geschichte
Auch wenn etwa der österreichische Bundespräsident heute kein Veto mehr einlegen kann, bleibe das Konklave eine hochsensible Angelegenheit. Klieber erinnerte daran, dass das strenge Reglement - etwa die Abschottung der Kardinäle - historisch gewachsen sei, "um langwierige Entscheidungsprozesse zu vermeiden" und dem Heiligen Geist "mehr Spielraum zu geben".
Mit Blick auf die aktuelle Papstwahl möchte sich Klieber nicht an Spekulationen beteiligen: "Es ist uns Historikern ja besonders verboten, in die Zukunft zu blicken." Dennoch sieht er gewisse "Pendelschläge" in der Kirchengeschichte - etwa zwischen reformerischen und traditionelleren Pontifikaten. Der neue Papst werde wohl nicht einfach den Stil seines Vorgängers fortführen: "Es wird auf jeden Fall eine Alternative wieder dazu sein." Eine Rückkehr zum "zeremoniellen Shishi" früherer Epochen sei aber ebenso wenig zu erwarten.
(Aktuelle Folge des Podcasts "Diesseits von Eden" der Theologischen Fakultäten in Österreich: https://diesseits.theopodcast.at/monarchie-habsburger-einfluss-papsttum-klieber)
Quelle: kathpress