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Zugang zur Staatsbürgerschaft
Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Im Vorfeld dieser Wahl hat die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksœ) einen Fragenkatalog erarbeitet, der aus insgesamt 20 Fragen besteht und an alle Parlamentsparteien versendet. Bis zur Nationalratswahl 2024 veröffentlichen wir hier jeden Tag eine neue Frage und die Antworten der Parlamentsparteien.
Frage 4/20: In Österreich gestaltet sich der Erwerb der Staatsbürgerschaft im Vergleich zu anderen EU-Staaten besonders schwierig. Dadurch werden Menschen, die seit Jahren in Österreich leben und arbeiten, vom Wahlrecht und dem Gleichheitsversprechen ausgeschlossen. Wäre ein erleichterter Zugang zur Staatsbürgerschaft nicht auch ein positives Signal, das Menschen willkommen heißt und Integrationsprozesse beschleunigt?
Kommentar der ksœ Österreichs restriktive Haltung zum Erwerb der Staatsbürgerschaft bedarf einer Neubewertung. Die Staatsbürgerschaft ist ... |
... weit mehr als ein formaler Status – sie ist der Schlüssel zur vollen gesellschaftlichen Teilhabe und politischen Mitbestimmung. Sie vermittelt nicht nur Zugehörigkeit, sondern befähigt zur aktiven Mitgestaltung des Gemeinwesens. Jene, die Österreich zu ihrer Heimat erkoren haben, die hier ihre Arbeitskraft einbringen und maßgeblich zum Funktionieren des Wohlfahrtsstaates beitragen, verdienen es, mit entsprechenden politischen Rechten ausgestattet zu werden. Eine solche Inklusion würde nicht nur die Lebensrealität vieler Menschen anerkennen, sondern auch die demokratische Vielfalt und den sozialen Zusammenhalt stärken. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft steht in keinem kausalen Zusammenhang mit illegaler Migration, noch begünstigt sie diese. Vielmehr handelt es sich um voneinander unabhängige Vorgänge mit jeweils eigenen Zielen und Konsequenzen.
Hinweise:
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ÖVP |
Wir und die Mehrheit der Österreicher lehnen eine Lockerung der Staatsbürgerschaftsregeln ab. In Übereinstimmung mit unserem Österreichplan sprechen auch wir uns klar gegen jegliche Aufweichung der Vergabe der österreichischen Staatsbürgerschaft und der damit verbundenen Erlangung des Wahlrechts aus. |
SPÖ |
Kaum ein Land in der EU regelt den Zugang zu seiner Staatsbürgerschaft so streng wie Österreich. Eine Reform würde die Integration fördern, Chancengleichheit schaffen und die Demokratie stärken. Aktuell werden vor allem Menschen mit geringem Einkommen benachteiligt, die oft schon Jahrzehnte in Österreich leben und in der Pflege, in der Reinigung oder am Bau arbeiten. Staatsbürgerschaft, so unsere Überzeugung, darf keine Klassenfrage sein. Wir wollen die Einkommensgrenzen senken und darüber hinaus die Bundesgebühren abschaffen, die man für die Einbürgerung bezahlen muss. |
FPÖ |
Die österreichische Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut, ihr Erwerb kann nur am Ende eines erfolgreichen Integrationsprozesses stehen. Die FPÖ lehnt jegliche Erleichterungen für den Erwerb der Staatsbürgerschaft daher ab. Es braucht vielmehr Verschärfungen, wie etwa den grundsätzlichen Ausschluss von Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten vom Staatsbürgerschaftserwerb. Denn Asyl bedeutet Schutz vor Verfolgung auf Zeit und ist klar von Einwanderung zu trennen. |
GRÜNE |
Der erleichterte Zugang zur Staatsbürgerschaft wäre ein Integrationsantrieb. Er wäre verbunden mit einem Bündel an Rechten und Pflichten und würde so das Zusammenleben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Österreich stärken. Eine Reform des Staatsbürgerschaftsgesetzes ist aus unserer Sicht zeitgemäß und notwendig. Österreich besitzt immer noch eine der strengsten Staatsbürgerschaftsregelungen weltweit. Dieser Ansatz ist überholt. Fast jede fünfte in Österreich lebende Person im wahlfähigen Alter ist in Österreich mittlerweile nicht wahlberechtigt. Es besteht also Aufholbedarf, denn uns entgeht hier gesamtgesellschaftlich gesehen enormes Potential. Die Einkommensgrenzen sind für den Staatsbürgerschaftserwerb aus unserer Sicht zu hoch angesetzt und auch das Erfordernis, die bisherige Staatsbürgerschaft abzulegen, ist in unserer globalisierten Welt nicht mehr zeitgemäß. In einem modernen Staatsbürgerschaftsrecht sollte außerdem das Abstammungsprinzip um das Bodenprinzip erweitert werden: Das bedeutet, wer hier geboren wurde und einen rechtmäßig hier niedergelassenen Elternteil hat, sollte die Staatsbürgerschaft automatisch erhalten. |
NEOS |
NEOS streben eine liberale und fortschrittliche Migrationspolitik an, die qualifizierte Zuwanderung fördert und Integration erleichtert. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft steht für uns NEOS am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses. Es muss vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft sichergestellt werden, dass der bzw. die Fremde sich mit den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft identifiziert. Für uns NEOS steht außer Frage, dass unnötige bürokratische und finanzielle Hürden minimiert werden müssen, um engagierten Personen, die Österreicher:innen werden möchten, diesen Weg zu erleichtern. |