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Sozialpflichtigkeit des Eigentums
Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Im Vorfeld dieser Wahl hat die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksœ) einen Fragenkatalog erarbeitet, der aus insgesamt 20 Fragen besteht und an alle Parlamentsparteien versendet. Bis zur Nationalratswahl 2024 veröffentlichen wir hier jeden Tag eine neue Frage und die Antworten der Parlamentsparteien.
Frage 5/20: Die Katholische Soziallehre orientiert sich am Gemeinwohl und an der Sozialpflichtigkeit des Eigentums: Wie positionieren Sie sich dazu und sehen Sie dies für Österreich realisiert?
Kommentar der ksœ Eigentum bringt Verantwortung mit sich. Der/die Eigentümer:in steht gemäß der Katholischen Soziallehre in der Pflicht, sein/ihr Vermögen nicht nur zum ... |
... persönlichen, sondern auch zum gesellschaftlichen Nutzen einzusetzen. Besitz und Wohlstand sind untrennbar mit sozialer Verpflichtung verknüpft und sollten aktiv das Gemeinwohl fördern. Dieses Prinzip schafft eine Balance zwischen individuellen und kollektiven Interessen. Politisches Handeln sollte daher stets das Gleichgewicht zwischen privatem Eigentum und gesellschaftlicher Verantwortung im Blick behalten. Im nicht auflösbaren Konfliktfall zwischen Privat- und Gemeinwohlinteressen haben aber letztere Priorität.
Hinweise: |
ÖVP |
Wir bekennen uns zum Recht auf Privateigentum und damit zur individuellen Entscheidung, wie dieses Eigentum verwendet wird. Wir haben für jene, die Hilfe brauchen, ein umfassendes Sozialsystem. Klar ist aber, dass das Sozialsystem für jene, die nicht können und nicht für jene, die nicht wollen, da sein muss. Ziel muss sein, die Menschen in Lage zu versetzen, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. |
SPÖ |
Die SPÖ und die Katholische Soziallehre teilen wesentliche Werte in Hinblick auf Gemeinwohl und die Verantwortung, die großes Vermögen mit sich bringt. In Österreich ist Wohlstand extrem ungleich verteilt. 1 Prozent der Bevölkerung besitzt fast die Hälfte des Vermögens. 80 Prozent der öffentlichen Finanzen werden jedoch aus Steuern auf Arbeit und Konsum finanziert. Diese Schieflage müssen wir wieder geraderücken. Eine zu starke Vermögenskonzentration ist schlecht für die Demokratie. Wenn eine kleine Gruppe den Großteil des Vermögens kontrolliert, hat diese Gruppe enormen Einfluss auf politische Entscheidungen und wirtschaftliche Entwicklungen. Dies führt zu einer Erosion der demokratischen Prinzipien, da die Interessen der breiten Bevölkerung weniger Gehör finden. Außerdem begünstigt eine solche Konzentration soziale Spannungen und Ungleichheiten, die das gesellschaftliche Zusammenleben belasten und das Vertrauen in demokratische Institutionen schwächen. Wir fordern daher von Superreichen einen gerechten Beitrag für die Gesellschaft – in Form von Millionärssteuern. Das betrifft die 2 Prozent der Reichsten und alle profitieren – etwa von der Stärkung unseres öffentlichen Gesundheitssystems und Investitionen in die Pflege. |
FPÖ |
Die Bildung von Eigentum und die Schaffung von zumindest einem bescheidenen Wohlstand durch Leistung zu ermöglichen, ist ein Kernstück freiheitlicher Politik. Falsche politische Entscheidungen von ÖVP und Grünen unter Mithilfe von SPÖ und NEOS haben jedoch dazu geführt, dass dies aufgrund von Rekordteuerung und extremer Inflation für immer weniger Menschen möglich ist, ja vielmehr eine Massenverarmung eingesetzt hat und die soziale Sicherheit bis weit hinein in den Mittelstand gefährdet ist. Hier muss es eine politische Wende geben, damit sich wieder möglichst viele Menschen Wohlstand und Eigentum erarbeiten können. Neue Massensteuern, wie eine Vermögenssteuer oder eine Erbschaftssteuer lehnt die FPÖ ab, da diese erarbeitete und ohnehin meist bereits versteuerte Güter noch weiter belasten würden. |
GRÜNE |
Diese Prinzipien stimmen in vielen Aspekten mit unseren eigenen Werten und Zielen, wie Solidarität und Umweltschutz, überein. Die Betonung auf das Gemeinwohl ist ein zentraler Wert, den auch wir Grüne teilen. In einer Zeit, in der soziale Ungleichheiten zunehmen und die Klimakatastrophe immer dringlicher wird, ist es entscheidend, dass das politische Handeln das Wohlergehen aller Menschen und nicht nur einzelner Interessengruppen im Blick hat. Wir setzen uns daher für eine Politik ein, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellt, sei es durch Umverteilungsmaßnahmen, den Ausbau des Sozialstaates oder den Kampf gegen den Klimawandel. Zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums: Wir befürworten Maßnahmen, die sicherstellen, dass privates Eigentum nicht auf Kosten der Allgemeinheit genutzt wird. Dazu gehören progressive Steuersysteme, die Regulierung von Märkten und der Schutz öffentlicher Güter wie Wasser, Boden und Luft.
In Anbetracht des historischen Kontexts können wir nicht ignorieren, dass grundlegende Prinzipien der katholischen Soziallehre in einen undemokratischen Rahmen gestellt wurden. Aus diesem Grund ist es für uns Grüne essenziell, dass diese Prinzipien in einem Rahmen umgesetzt werden, der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit respektiert und fördert.
Wir Grüne setzen uns daher für umfassende Reformen ein, um diese Prinzipien in der österreichischen Politik und Gesellschaft stärker zu verankern. Dazu gehören etwa die Einführung einer Millionärssteuer für Millionenerben, einer Grundsicherung, einer Kindergrundsicherung, einer Verbesserung der Arbeitslosenversicherung sowie für individuelle Unterstützung, Beratung, Betreuung und Begleitung bei der gesellschaftlichen Inklusion. Und natürlich konsequente Maßnahmen für den Klimaschutz.
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NEOS |
Im deutschen Grundgesetz Art. 14 Abs. 2 ist festgehalten: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Eine entsprechende Bestimmung gibt es in Österreich nicht, im Staatsgrundgesetz wird lediglich auf die Unverletzlichkeit des Eigentums hingewiesen. Während NEOS die Bedeutung von Eigentum – unter anderem zur sozialen Absicherung im Alter – und dessen Schutz anerkennt, sehen wir auch die Verantwortung, die mit Eigentum einhergeht. Eine Demokratie baut auf gesellschaftlichem Zusammenhalt und Solidarität auf und diesem Umstand muss auch vom Gesetzgeber Rechnung getragen werden. Wir wollen eine faire Chancengesellschaft und nicht ein Umfeld, in dem es sich einige „richten“ können, weil sie privilegierten Zugang zu Entscheidungsträgern bekommen. Die Korruptionsfälle der Vergangenheit zeigen klar auf, dass wir hier in Österreich viel aufzuarbeiten haben. Wir sehen es auch positiv, dass auf internationaler und europäischer Ebene Fortschritte erzielt wurden, um schädliche Steuervermeidung zu verhindern, die den fairen Wettbewerb untergräbt.
Mitgedacht werden sollte bei der Diskussion rund um Eigentum aber jedenfalls, dass es seine soziale Wirkung besser entfalten kann, je mehr Menschen daran teilhaben können - deswegen setzen NEOS sich für einfacheren Eigentumsaufbau ein. Unser Ziel sollte sein, Menschen soweit wie möglich zu befähigen, ihr Leben und ihre Zukunft selbstbestimmt einzurichten, statt auf Dauer auf andere oder auf den Staat angewiesen zu sein. |