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Systemrelevante Berufe
Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Im Vorfeld dieser Wahl hat die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksœ) einen Fragenkatalog erarbeitet, der aus insgesamt 20 Fragen besteht und an alle Parlamentsparteien versendet. Bis zur Nationalratswahl 2024 veröffentlichen wir hier jeden Tag eine neue Frage und die Antworten der Parlamentsparteien.
Frage 7/20: Während der Corona-Krise wurde häufig von systemrelevanten Berufen gesprochen. Welche Herausforderungen sehen Sie gegenwärtig in diesen Bereichen, und wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang Fragen der Lohngerechtigkeit, der sozialen Absicherung und der Arbeitszeiten?
Kommentar der ksœ Die Katholische Soziallehre hebt hervor, dass jede dem Gemeinwohl und der Entfaltung der menschlichen Personalität dienende Arbeit intrinsischen Wert und Würde besitzt. Systemrelevante Berufe nehmen ... |
... in diesem Verständnis eine besondere Stellung ein und verdienen entsprechende gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung. Diese Wertschätzung darf jedoch nicht auf der symbolischen Ebene verharren. Vielmehr muss sie sich in konkreten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen manifestieren. Dazu gehören eine gerechte Entlohnung, faire Arbeitszeiten sowie eine umfassende soziale Absicherung. Diese Aspekte müssen prioritär betrachtet werden, um die Würde der Arbeit in systemrelevanten Berufen nicht nur anzuerkennen, sondern auch praktisch zu unterstützen und zu schützen.
Hinweise: |
ÖVP |
Systemrelevante Berufe umfassen viele Tätigkeiten, von Gesundheits- und Pflegeberufen bis zum Einzelhandel. Eine große Herausforderung ist der demografische Wandel, da viele bald aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Daher müssen wir nationale Potenziale heben und Menschen in diesen Bereichen aus- und weiterbilden. Mit der Pflegelehre und dem Pflegestipendium haben wir bereits wichtige Schritte unternommen.
Um dem demografischen Wandel zu begegnen, brauchen wir gezielte Anwerbung von Fachkräften aus Drittstaaten. Die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte und ein Strategieausschuss sind wichtige Schritte. Fragen der Entlohnung und Arbeitszeiten sind kollektivvertraglich geregelt und werden auf Sozialpartnerebene für die jeweilige Branche festgelegt. |
SPÖ |
Die Corona-Krise hat gezeigt, wie sehr wir als Gesellschaft von den Menschen im Gesundheits- und Pflegebereich, aber auch im Handel z.B. im Lebensmittelhandel abhängig sind. Es sind gerade diese Berufe, die oft weniger Wertschätzung erfahren, schlecht bezahlt sind und als besonders belastend gelten. Neben einer fairen Entlohnung braucht es gerade in diesen Branchen eine schrittweise Arbeitszeitreduktion. Die bringt gerade vielen Frauen, die dort Teilzeit arbeiten, eine kräftige Lohnerhöhung. Aus zahlreichen internationalen Pilotversuchen wissen wir, dass kürzere Arbeitszeiten zu weniger Krankenständen und mehr Produktivität führt. Gemeinsam mit Unternehmen, ihren Betriebsrät*innen und der Gewerkschaft wollen wir die 4-Tage-Woche in Betrieben unterschiedlicher Branchen testen und wissenschaftlich evaluieren. Starten wollen wir in besonders belastenden Berufen wie der Pflege. Zur Unterstützung für die Unternehmen soll es eine organisationsentwicklerische Begleitung geben. |
FPÖ |
Wir Freiheitliche sehen hier vor allem den Bereich der Pflegekräfte im Gesundheits- und Pflegesystem im Fokus einer Aufwertung und eines Schutzes als wesentlichem Teil systemrelevanter Berufe des österreichischen Sozialstaates. Dazu gibt es zahlreiche Punkte, die uns wichtig sind, so etwa: Verbesserte Arbeitsbedingungen in der Pflege und bessere finanzielle Anerkennung bei Lohn und Gehalt sowie der Zuerkennung von Pflegeprämien für die Pflegekräfte, jährliche Valorisierungsgarantie bei Lohn- und Gehaltszahlungen, bei Prämien, Überstunden und Zuschlägen, Abgaben- und Steuerbefreiung für Prämien, bei Überstunden und Zuschlägen, höhere und leistungsgerechte Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsdienste in der Pflege. Es braucht auch einen verbesserten Personalschlüssel, damit Pflegekräfte wieder mehr Zeit für die Patienten zur Verfügung haben. Ein solcher muss bundeseinheitlich erhöht und festgelegt werden. Unnötige bürokratische Belastungen sind abzubauen und Dokumentationspflichten zu durchforsten. Verwaltungsassistenz im Pflegebereich muss organisatorisch und finanziell eingerichtet werden, um die Pflegekräfte vor Ort zu entlasten.
Verlässliche und für die Pflegekräfte planbare Arbeitszeiten sind ein weiterer bedeutender Punkt. Die Personalausstattung im Pflegebereich muss so organisiert und finanziert werden, dass Pflegekräfte die subjektive Sicherheit und Garantie erhalten, ihre Freizeit und ihren Urlaub ohne Unterbrechungen bzw. Verschiebungen antreten und genießen zu können. Anerkennung der Pflegearbeit als Schwerarbeit in der pensionsrechtlichen Einstufung und beim Pensionsantritt ist eine weitere FPÖ-Forderung.
Nicht zuletzt muss auch ein berufsrechtlicher Schutz der Pflegekräfte vor staatlicher Willkür geschaffen werden, Stichwort: Nein zum Impfzwang als Corona-Maßnahme für Pflegekräfte und anderen Schikanen! |
GRÜNE |
Es stimmt, dass sehr viele Menschen, die in den sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten, besonders schlecht bezahlt sind. Zusätzlich werden diese Jobs im Bereich der Sicherung existenzieller Grundlagen einer Gesellschaft besonders oft von Frauen, sozial benachteiligten Menschen sowie unter schlechten Arbeitsbedingungen erbracht. In verschiedenen Bereichen – etwa bei Pflegekräften – ist es auf Initiative der Grünen gelungen, mit dem sogenannten Entgelterhöhungs-Zweckzuschussgesetz die Löhne deutlich zu erhöhen. Es ist jedoch noch mehr notwendig, um Lohngerechtigkeit zu erwirken. Ebenso ist es notwendig, die Wochenarbeitszeit zu reduzieren und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dazu zählt auch die schrittweise Reduktion der Wochenarbeitszeit. Für all das setzen die Grünen sich ein, damit jene Menschen, die unser System tagtäglich aufrechterhalten, auch fair und angemessen bezahlt werden.
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NEOS |
Wir sehen den zunehmend und für alle belastenden Fachkräftemangel und länger werdende Mangelberufslisten – vor allem auch in systemrelevanten Berufen – als großes Problem an. Gerade für die Menschen in Gesundheits-, Bildungs- und Sozialberufen hat sich diese Situation seit der Corona-Krise eher ver- statt entschärft.
Dafür braucht es eine Attraktivierung der Berufe, um neue Menschen für diese wichtigen Berufe zu begeistern und damit auch bestehendes Personal zu entlasten. Etwa im Pflegebereich: Viel zu lange schon warten Pflegekräfte, Patient:innen und pflegende Angehörige auf die Umsetzung längst überfälliger Reformen. Um den Personalmangel in der Pflege zu beenden, braucht es eine inhaltliche Aufwertung und bessere Arbeitsbedingungen in Krankenhaus, Altenheim oder mobiler Pflege.
In Österreich werden Löhne bzw. Gehälter und tatsächliche Arbeitszeiten über die von den Sozialpartnern verhandelten Kollektivverträge verhandelt. Das sehen wir auch als weiterhin wichtig an. Die Politik hat aber dafür zu sorgen, vorausschauend dafür zu sorgen, dass Leistungen auch entsprechend finanziert werden.
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