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Klimaziele und soziale Gerechtigkeit
Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Im Vorfeld dieser Wahl hat die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksœ) einen Fragenkatalog erarbeitet, der aus insgesamt 20 Fragen besteht und an alle Parlamentsparteien versendet. Bis zur Nationalratswahl 2024 veröffentlichen wir hier jeden Tag eine neue Frage und die Antworten der Parlamentsparteien.
Frage 16/20: Welche fiskalischen Möglichkeiten (Abgaben, Steuern, Sparen usw.) sehen Sie, um die Klimaziele zu erreichen? Welche Maßnahmen sollten begleitend getroffen werden, um soziale Gerechtigkeit gewährleisten zu können?
Kommentar der ksœ Papst Franziskus ruft in seiner Enzyklika "Laudato Si" zu einer ganzheitlichen Ökologie auf, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte vereint. Diese Vision fordert uns auf, ... |
... fiskalische Maßnahmen so zu gestalten, dass sie der menschlichen Verantwortung für die Schöpfung gerecht werden. Ein ausgewogener Ansatz umfasst Anreize für klimafreundliches Verhalten, eine ökologische Neuausrichtung des Steuersystems, zielgerichtete Förderprogramme sowie die Umwidmung umweltschädlicher Subventionen für klimafreundliche Initiativen. Bei all diesen Bestrebungen ist es von zentraler Bedeutung, die soziale Gerechtigkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Vielmehr sollte sie als integraler Bestandteil und Kompass für eine nachhaltige und ethisch fundierte Klimapolitik dienen, die das Wohl aller Menschen und der Umwelt gleichermaßen berücksichtigt.
Hinweise: |
ÖVP |
Beim Klimaschutz ist es wichtig, Anreize und Alternativen zu schaffen, anstatt Verbote auszusprechen. Wir müssen Chancen zur Innovation ergreifen und die vorhandenen Mittel kosteneffektiv einsetzen. Wichtig ist es, weniger über den Verzicht und mehr über die positiven Anreize vom Klimaschutz zu sprechen. Wir sind für Technologieoffenheit und gegen Verbote. |
SPÖ |
Eine rein fiskalische Lösung der Klimakrise erscheint, gelinde gesagt, „unterkomplex“. Wenn es rein um die Preisgestaltung geht, wird es immer so ausgehen: Wer reich ist, kann es sich leisten, weiter klimaschädlich zu konsumieren. Eine Studie von Oxfam hat gezeigt, dass es vor allem die Reichen sind, die weltweit die Klimakrise vorantreiben – durch ihren exzessiven Konsum und Lebensstil. Die Leidtragenden sind die Armen. Die Reichsten sind es demnach, die am dringendsten ihr Verhalten ändern müssen, wenn wir unser Klima retten wollen. Hier müssen wir mit Steuern und Einschränkungen ansetzen.
Bei einer Bepreisung von CO2 ist darauf zu achten, dass diese so ausgestaltet ist, dass sie auch tatsächlich Lenkungswirkung entfalten kann, weil sie andernfalls lediglich als Belastung wahrgenommen wird. Dies ist z.B. bei der aktuellen österreichischen CO2-Bepreisung der Fall, die etwa das Heizen mit Gas auch für Mieter*innen verteuert, die keinen Einfluss auf ihr Heizsystem haben. In diesem Fall wären die Vermieter*innen in die Pflicht zu nehmen. Ein höheres Maß an sozialer Gerechtigkeit kann u.a. durch die Höherbesteuerung bzw. Einschränkung von Luxus-Emissionen, etwa bei Privatjets, oder die Bereitstellung klimafitter Infrastruktur erreicht werden. |
FPÖ |
Mehr Klimaschutz wird durch Forschung und Innovation möglich, nicht durch politische Intervention in die Lebensweise der Menschen. Statt abstrakter Ideen und Ziele, teuren Subventionen auf Steuerzahlerkosten oder des einfachen Rufs nach mehr Steuern braucht es aus freiheitlicher Sicht konkretes und praktisches Handeln. Im Zentrum der heimischen Politik müssen dabei stets die Österreicher stehen. Keinesfalls darf beispielsweise alles dem Klimaschutz unterordnet werden und dabei die Menschen am Weg zu diesem Ziel zurückgelassen werden. Statt ideologisch geprägter Bevormundungspolitik wollen wir effiziente und wirtschaftliche Lösungen erarbeiten, um den Wohlstand unserer Bevölkerung nicht zu gefährden. |
GRÜNE |
Die klimaschädlichen Subventionen, die den Steuerbereich betreffen, müssen sozial gerecht ökologisiert werden. Vorbild soll die Kombination aus CO2-Bepreisung und Klimabonus sein: Menschen mit höheren Einkommen und höheren Emissionen werden stärker belastet, Menschen mit niedrigen Einkommen werden entlastet. Das schafft Anreize, weniger Emissionen zu verursachen, und ist zugleich sozial gerecht. Mit diesem ökosozialen Ansatz wollen wir etwa auch die Pendlerpauschale und das Kilometergeld reformieren.
Aus unserer Sicht braucht es aber mehr: Wir wollen die bodenbezogenen Steuern, zum Beispiel die Grundsteuer, reformieren. Wir müssen dem massiven Bodenverbrauch in Österreich Einhalt gebieten. Wir sehen das im Gesamtkontext: Subventionen müssen ökologisiert werden, Umweltsteuern müssen erhöht werden, genauso wie wir eine Erbschaftssteuer brauchen, damit der Anteil der vermögensbezogenen Steuern erhöht wird. Im Gegenzug können die Steuern auf Arbeit weiter gesenkt werden - das ist nicht nur automatisch sozial gerecht, so werden wir auch die Klimaziele erreichen.
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NEOS |
Für NEOS ist klar: Wir brauchen eine ambitionierte CO2-Bepreisung als zentrales klimapolitisches Steuerungsinstrument und gleichzeitig eine spürbare Entlastung durch Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf 40%. Außerdem müssen klimaschädliche Subventionen gestrichen oder ökologisch umgestaltet werden. Ausgabenseitig muss der aktuelle Förderdschungel (z.B. Heizungstausch) viel klarer ausgestaltet werden. Anstelle von Förderungen mit der Gießkanne müssen wir strukturelle Rahmenbedingungen schaffen (Klimaschutzgesetz, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, Netzausbau, Fachkräftemangel etc.), die die Erreichung der Klimaziele gewährleisten. Die neuen Regeln im europäischen Emissionshandel sehen einen zielgerichteteren Einsatz von Einnahmen aus der Versteigerung der Zertifikate vor, wobei neben klimafreundlichen Investitionen auch ein Fokus auf vulnerable Haushalte und Verkehrsteilnehmer gelegt wird. Wir bevorzugen einen derartigen Ansatz im Vergleich zum derzeitigen System des Klimabonus, in dem Geld nach dem Gießkannenprinzip verteilt wird.
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