Markus Schlagnitweit
„Laudato sí“ – Öko-soziale Enzyklika mit Tiefendimension
in: Gesellschaft & Politik. Zeitschrift für soziales und wirtschaftliches Engagement
Die Veröffentlichung der Enzyklika „Laudato sí“ (LS) vor 10 Jahren löste in ökologischen Bewegungen und Aktivistenkreisen vielfach euphorische Reaktionen aus. Deren Grundtenor insinuierte, mit diesem Lehrschreiben habe nun auch die römisch-katholische Kirche die Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsthematik für sich entdeckt und den Themenkanon ihrer Sozialverkündigung endlich um das Kapitel Ökologie erweitert. Viel zu lange habe sie die Interpretation des Schöpfungsauftrags am Beginn der Bibel als Legitimation grenzenloser Herrschaft des Menschen über die Natur und als Freibrief zu deren hemmungsloser Ausbeutung, wofern nicht selbst verursacht, so doch zumindest zugelassen; und sie habe damit einem individuellen Lebensstil und einer globalen Wirtschaftsweise Vorschub geleistet, die das Ökosystem dieses Planeten mittlerweile unleugbar in ein existenzbedrohendes Wanken gebracht haben. Viel zu lange habe sich deshalb auch das gesellschaftliche und politische Engagement der Kirche neben ihrer sozial-caritativen Tätigkeit auf Fragen der sozialen sowie internationalen (Verteilungs-)Gerechtigkeit, des Schutzes des menschlichen Lebens an dessen Rändern und allenfalls noch der Friedenspolitik fokussiert; Anliegen des Umweltschutzes wären dagegen eher als nachrangig eingestuft und behandelt worden. Vor dem Hintergrund der inzwischen weltweit gewordenen Debatte um den Klimawandel und – zumal im unmittelbaren Vorfeld der Weltklimakonferenz von Paris 2015 – um eine entschlossene und wirksame globale Klimapolitik wurde LS deshalb von vielen zeitgenössischen Kommentaren als längst überfällige „Ökologie-Enzyklika“ rezipiert und gefeiert. Diese Rezeption liegt zwar nicht völlig daneben, aber sie wird einerseits dem Inhalt und Anliegen der Enzyklika nicht vollständig gerecht, andererseits verrät sie eine ungenügende Kenntnis bzw. Wahrnehmung der kirchlichen Sozialverkündigung vor LS... Zum vollständigen Artikel